Am 29. Januar 2003 wurden von RTL und Stern Umfrageergebnisse von Forsa zur bevorstehenden Landtagswahl in Niedersachsen veröffentlicht, die - richtig gelesen - so aussehen:
CDU | SPD | Bündnis90/Grüne | FDP |
43,6 - 52,4 | 30,6 - 39,4 | 5,8 - 10,2 | 3,8 - 8,2 |
Fazit: Die Union führt haushoch vor der SPD, aber Rotgrün kann möglicherweise die Wahl gewinnen, weil die FDP wieder an der 5%-Hürde scheitern könnte.
Auf der Internetseite von stern
wird neuerdings im Kleingedruckten eine Fehlertoleranz von +/-3% eingeräumt.
Wie bereits erwähnt rührt diese davon her, daß Forsa für
die Umfrage 1103 Telefonnummern von Wahlberechtigten in Niedersachsen ausloste.
Wären andere Wahlberechtigte ausgelost worden, dann hätte das Umfrageresultat
anders ausgesehen. Die Auswirkungen der Lotterie-Auswahl versuchen Forsa &
stern durch die Angabe einer Fehlertoleranz in den Griff zu kriegen.
Konsequenter Weise hätte der Stern die Umfrage-Ergebnisse in folgender
Form veröffentlichen müßen:
CDU | SPD | Bündnis90/Grüne | FDP |
45 - 51 | 32 - 38 | 5 - 11 | 3 - 9 |
Damit wäre allerdings die Schlagzeile im Stern "CDU gewinnt Wahlen in Niedersachsen" ad absurdum geführt worden, denn gemäß den eigenen Zahlen könnte Rotgrün die Wahl gewinnen, wenn die FDP - ohne den Überflieger Möllemann - zur Fast-Drei-Prozent Partei absackt.
Die in der gelben Tabelle angegeben Fehler, die durch die Zufallsauswahl der
befragten Wahlberechtigten verursacht werden, kann man auch als Laie mit Hilfe
der Mißerfolgs-Statistik von
Umfragen verifizieren. Man gibt in der Input-Spalte (linke Seite der Tabelle)
die von Forsa angeführten Parteistärken (CDU 48, SPD 35, FDP 6, Grüne
8 Prozent) ein. Um das Ergebnis nicht zu verfälschen, sollte man für
die PDS den Wert 0 eingeben. Im Block oben rechts gibt man als "Anzahl
der Wahlberechtigten pro Umfrage" 1103 an - laut Stern wurden von Forsa
1103 Wahlberechtigte in Niedersachsen vom 20. bis 24. Januar befragt. Für
die Wahlbeteiligung setzt man 74% ein - das war nämlich bei den letzten
beiden Niedersachsen-Wahlen der Fall (Der Stern schweigt sich darüber aus,
wie groß die Wahlbeteiligung gemäß Umfrage diesmal sein würde).
Für die Anzahl der Umfragen wähle man zunächst 1000 - bei größeren
Zahlen kann die Berechnung sehr lange dauern. Mit "LOS" wird die Simulation
gestartet. In der unteren Tabellenzeile "Mißerfolgsstatistik"
kann man das Resultat der Simulation ablesen. Es zeigt sich, daß etwa
89% der Umfragen die Toleranzen von +/- 4% für die großen und +/-
2% für die kleinen Parteien einhalten.
Detaillierte Ergebnisse kann man der Tabelle unten auf dieser Seite entnehmen:
Es zeigt sich, daß knapp 95% der Umfragen die Toleranzen von +/- 4,4%
bzw. +/- 2,2% einhalten. Aber 5% der Umfragen schaffen nicht einmal das. Mit
anderen Worten: In jeder 20. Umfrage ist der Fehler für eine große
Partei größer als +/- 4,4% oder für eine kleine Partei größer
als +/- 2,2%!
Maximale Abweichung
|
eingehalten von | |
für große Parteien | für kleine Parteien | (in Prozent von 100000 Umfragen) |
1,0% | 0,5% | 8% |
1,2% | 0,6% | 13% |
1,4% | 0,7% | 19% |
1,6% | 0,8% | 25% |
1,8% | 0,9% | 33% |
2,0% | 1,0% | 41% |
2,2% | 1,1% | 48% |
2,4% | 1,2% | 55% |
2,6% | 1,3% | 62% |
2,8% | 1,4% | 69% |
3,0% | 1,5% | 74% |
3,2% | 1,6% | 79% |
3,4% | 1,7% | 83% |
3,6% | 1,8% | 87% |
3,8% | 1,9% | 89% |
4,0% | 2,0% | 92% |
4,2% | 2,1% | 94% |
4,4% | 2,2% | 95% |
4,6% | 2,3% | 96% |
4,8% | 2,4% | 97% |
5,0% | 2,5% | 98% |
5,2% | 2,6% | 98,5% |
5,4% | 2,7% | 98,9% |
5,6% | 2,8% | 99,2% |
5,8% | 2,9% | 99,4% |
6,0% | 3,0% | 99,6% |
>6% | >3% | 0,4% |