Wie wird ein repräsentativer Querschnitt zusammengestellt, was kann man damit anfangen und was nicht? Erwartet man Unterschiede, wenn zwei unabhängige Stellen gleichzeitig einen repräsentativen Querschnitt erheben ?
Die Bezeichnung ruft eine klare und zwingende Vorstellung hervor: Ein "repräsentativer" Querschnitt von 1000 Wahlberechtigten sei eine Art Miniaturbild, welches die Gesamtheit der Wahlberechtigten in den wesentlichen Merkmalen - Alter, Geschlecht, Familienstand, Beruf, Einkommen, Wohngegend und was sonst noch in der amtlichen Statistik aufgeführt ist - widerspiegelt. Darum könnten auch die in diesem Miniaturbild ermittelten prozentualen Anteile auf alle Wahlberechtigten übertragen werden. Ein zum gleichen Zeitpunkt aus 1000 anderen Wahlberechtigten gebildeter repräsentativer Querschnitt müsse im wesentlichen dasselbe Bild ergeben.
Diese Vorstellung ist falsch. Ein repräsentativer Querschnitt wird mit einem
Auswahlverfahren erstellt, das im Idealfall jeder
Gruppe von 1000 Wahlberechtigten die gleiche Chance gibt, ausgewählt zu werden.
Vereinfacht ausgedrückt: Ein repräsentativer Querschnitt wird per Lotterie
zusammengestellt. Demographische Merkmale finden überhaupt keine Beachtung.
Das erscheint auf den ersten Blick widersinnig, denn man möchte doch ein Abbild
der Gesamtheit finden und nicht einen zusammengewürfelten Haufen. Könnte man
da nicht etwas völlig Atypisches erreichen ?
Könnte man nicht ausgerechnet 1000
Grüne auswählen? Oder 1000 CDU/CSU-,
1000 SPD- oder 1000 FDP-Wähler? Um von
solch pathologischen repräsentativen Querschnitten nicht aus der Fassung gebracht zu
werden, muß man sich vor Augen führen,
daß die Anzahl aller möglichen repräsentativen Querschnitte unvorstellbar groß ist,
nämlich rund 2820.....0, wobei die Punkte für
5030 Nullen stehen. Gemessen an dieser gigantischen Zahl gehen die pathologischen
Fälle völlig unter.
Ein perfektes Zufallsverfahren zur Auswahl
eines repräsentativen Querschnitts läßt sich
in der Praxis nicht durchführen. Die Demokopie-Institute sind aus Kostengründen
darauf angewiesen, daß jeder Interviewer seine
etwa acht bis zehn Befragungen in einem
kleinen Bezirk durchführen kann. Das ADM-Verfahren, ein abgestimmtes Verfahren des
Arbeitskreises Deutscher Marktforschungs-Institute, sucht deshalb von vornherein nur
einen kleinen Teil der fast 50000 Stimmbezirke aus, beispielsweise 201. Das bedeutet
aber, daß alle die Tausender-Gruppen von
Wahlberechtigten, die aus mehr als 201
Stimmbezirken zusammengesetzt sind,
Überhaupt keine Chance bekommen, einen
repräsentativen Querschnitt zu bilden. Dabei
machen sie fast alle der 2,82 x 105034 theoretisch denkbaren Möglichkeiten aus, während
die des ADM-Verfahrens völlig untergehen.
Die Wohnnachbarschaft hat häufig gemeinsame Partei-Präferenzen zur Folge. Es
wäre empirisch zu untersuchen - anhand
früherer Bundestagswahlen -, welche Auswirkungen sich dadurch ergeben.
Das ADM-Verfahren stellt einen Kompromiß zwischen Kostenaufwand und
Informationsverlust dar. Die Reisekosten der Interviewer werden durch die Beschränkung auf
einen Stimmbezirk drastisch reduziert, aber
ebenso die gewonnenen Informationen.
Was nutzen Interviews in einem Stimmbezirk, in welchem eine Partei dominiert? De
facto bedeutet dies eine Reduktion des
Querschnitt-Umfangs - und die Kostenersparnis erweist sich als Bumerang.
Technisch ausgedrückt: Das ADM-Verfahren beabsichtigt zwar, jedem Wahlberechtigten die gleiche Chance zu geben, beabsichtigt aber in keiner Weise 1000 statistisch unabhängige Wahlberechtigte auszuwählen. Sowohl Chancengleichheit, als auch statistische Unabhängigkeit sind aber unerläßliche Kriterien.