FORSA-Umfrage für "RTL Aktuell": Kopf-an-Kopf-Rennen bei Bundestagswahl erwartet
16.09.2005 - 12:26 Uhr, RTL [Pressemappe]
Köln (ots) - Zwei Tage vor der Bundestagswahl zeichnet sich ein
Kopf-an-Kopf-Rennen im Kampf um die politische Mehrheit im Bundestag
ab. Nach einer aktuellen FORSA-Umfrage (12. bis 16. September) für
„RTL Aktuell“ zur politischen Stimmung kommt die SPD auf 32 - 34
Prozent, Koalitionspartner Die Grünen auf sechs bis sieben Prozent.
Die CDU/CSU kann derzeit 41 bis 43 Prozent, die FDP sieben bis acht
Prozent verbuchen. Zünglein an der Waage könnte die Linkspartei
spielen, die derzeit auf sieben bis acht Prozent kommen. Gegenüber
der letzten FORSA-Umfrage (5. bis 9. September) verliert die SPD
leicht, während Schwarz-Gelb tendenziell etwas zulegen kann. Die am
Montag, 12. September, veröffentlichte FORSA-Erhebung zum Vergleich:
SPD: 35 Prozent; CDU/CSU: 42 Prozent; Grüne und Linkspartei: sieben
Prozent; FDP: sechs Prozent.
FORSA-Chef Manfred Güllner: „So kurz vor dem Wahltag lässt sich
statt präziser Prognose nur noch ein Stimmungsbild ermitteln, weil
durch die Kandidatur der Linkspartei die Unsicherheit der Wähler noch
größer geworden ist.“ Ein Viertel der Wahlberechtigten (25 Prozent)
ist laut FORSA auch in der Woche vor der Neuwahl noch nicht sicher,
ob man am Sonntag zur Wahl geht oder nicht bzw. welcher Partei man
die Stimme geben wird. Manfred Güllner: „Auch wenn unter den jetzt
noch Unentschlossenen viele Nichtwähler sein dürften, deutet dieser
Anteil unsicherer Wähler auf eine auch kurz vor dem Wahltermin noch
andauernde Wählerbewegung hin.“
Datenbasis: 2004 Befragte; Erhebungszeitraum: 12. bis 16 September
2005; statistische Fehlertoleranz: +/- 2,5 Prozent
Kommentar
- Lädiertes Kurzzeitgedächtnis oder kalte Füße? Statt
präziser Prognosen kann Forsa-Chef Güllner zwei Tage vor der Wahl
nur noch ein Stimmungsbild ermitteln, weil angeblich das Auftreten der Linkspartei
zu einer Verunsicherung der Wähler geführt habe. Nun ist Lafontaine
schon im Juni im Hafen der PDS gelandet, was einen gewaltigen Medienwirbel
verursachte und die politische Landschaft durcheinander wirbelte. Das hat
Güllner in keiner Weise daran gehindert, seither jede Woche präzise
Prognosen zu "ermitteln" und an der Gerüchtbörse von RTL&stern
in Umlauf zu setzen. Inzwischen ist es um Lafontaine&Gysi recht still
geworden. Und ausgerechnet jetzt soll die Linkspartei unter den Anhängern
der Union und FDP eine Verunsicherung ausgelöst haben, was zu Schwankungsbreiten
von 41 - 43% und 7 - 8% führte. Das ist doch Demoskopen-Schmu in Reinkultur.
Güllner hat einfach kalte Füße bekommen. Wahltag ist auch
für Demoskopen Zahltag und das Wahlergebnis fürchten sie wie der
Teufel das Weihwasser. Demoskopen wollen richtig liegen und nach den Fehlprognosen
im Superwahljahr 2004/5 liegen ihre Nerven
blank. So lässt Güllner auf der Zielgeraden seine Zahlen (Rotrotgrün
45 - 48%, Schwarzgelb 48 - 51%) durch die Blume das verkünden, was er
selber glaubt: Schwarzgelb wird die Mehrheit haben. Was
er tatsächlich in der Umfrage gemessen hat, ist eine völlig andere
Sache.
- Rechenschwäche ist eine Berufskrankheit von Meinungsforschern.
Daran leidet auch Forsa-Chef Manfred Güllner, der im Umgang mit Prozenten
seine liebe Not hat. Wenn die Ungenauigkeit der Umfrage (auch Spielraum oder
Fehlertoleranz genannt) ± 2,5 Prozent beträgt, dann heißt
das nach Adam Riese, dass die Schwankungsbreite 5 Prozent beträgt. Der
tiefere Wert sollte also 5 Prozent unter dem höheren Wert liegen. Weil
aber Güllner die Mittlere Reife im Prozentrechen nicht geschafft hat,
kann er der SPD problemlos 32 - 34 Prozent versprechen und der Union 41 -
43, der FDP und der Linkspartei sogar 7 - 8 Prozent. Mit dem höheren
Wert bei den Grünen (6 - 7 Prozent) könnte Güllner auch etwas
anderes gemeint haben: inklusive Dosenpfand.
- Ungenauigkeit der Umfrageergebnisse. In der Wissenschaft ist es üblich,
bei einer Untersuchung (wie z.B. bei einer Umfrage) nicht die nackten Messergebnisse
anzugeben, sondern Bereiche, in welchen die wahren Werte mit "hoher"
Wahrscheinlichkeit liegen. Diese Bereiche berechnen sich aus den Messergebnissen
und der Fehlertoleranz von plus/minus 2,5 Prozentpunkte. Eine präzise
Prognose lässt sich laut Forsa-Chef Güllner nicht ermitteln, seine
Zahlen vermitteln aber ein umwerfendes Stimmungsbild
CDU/CSU |
SPD |
Bündnis 90/Grüne |
FDP |
neue alte Linke |
38,5 - 45,5 |
29,5 - 36,5 |
3,5 - 9,5 |
4,5 - 10,5 |
4,5 - 10,5 |
Nur wer hat das nicht gewusst. Wer brauchte dafür noch eine Umfrage?
- Ungenauigkeit beim Trend. Noch hinreissender sind die Erkenntnisse
beim Trend. In der Vorumfrage beglückte
Forsa-Chef Güllner die Öffentlichkeit via RTL und stern
mit folgenden Zahlen
CDU/CSU |
SPD |
Bündnis 90/Grüne |
FDP |
neue alte Linke |
39,5 - 44,5 |
32,5 - 37,5 |
4,5 - 9,5 |
3,5 - 8,5 |
4,5 - 9,5 |
Falls der wahre Wert der SPD in der Vorumfrage 37,5% betrug und jetzt
29,5%, dann hat die SPD in fünf Tagen volle 8% eingebüßt!
Lag aber der wahre Wert in der Vorumfrage bei 32,5% und jetzt bei 36,5%,
dann hat die SPD um 4% zugelegt! Werden für die Trendberechnung nicht
die Extremwerte genommen, sondern Werte dazwischen, dann ergeben sich kleinere
Zahlen. Das Stimmungsbild für die SPD hat sich also laut Güllner
wie folgt entwickelt: Die SPD hat verloren, ist gleich geblieben oder
hat zugelegt. In Zahlen:
Der Trend bei der SPD betrug entweder |
-8% oder -7% oder ... oder 0% oder ... oder +3% oder +4% |
und entsprechend für die übrigen Parteien:
CDU/CSU |
-6% oder -5% oder ... oder 0% oder ... oder +5% oder
+6% |
Bündnis 90/Grüne |
-6% oder -5% oder ... oder 0% oder ... oder +4% oder +5% |
FDP |
-4% oder -3% oder ... oder 0% oder ... oder +6% oder +7% |
neue alte Linke |
-5% oder -4% oder ... oder 0% oder ... oder +5% oder +6% |
- Manfred
Güllner (Selbstporträt,
Kontrastdarstellung)
Forsa ist ein großer Umfragedampfer mit Manfred Güllner als SPD-Vollblutkapitän.
Wohlwollende SPIEGEL-Zungen
behaupten, er agiere als Einflüsterer des Medienkanzlers. Qualifiziert
dafür wäre er schon. Er weiß nämlich, wie in der Zunft
Umfrageergebnisse zurechtgebogen
werden - in der demoskopischen Gaunersprache liebevoll "politische
Gewichtung" genannt - und mischt da fröhlich mit.
Aber einmal in seinem Leben regte sich sein Gewissen und - wie in einem Anfall
von Ehrlichkeit - feuerte er eine Breitseite gegen das zunftübliche Doktern
von Umfrageergebnissen ab. Böse Zungen behaupten, er habe sich Thomas
Manns "Felix Krull Bekenntnisse eines Hochstaplers"
zu Gemüte geführt.
In einem groß aufgemachten Artikel in einer linkslastigen Wochenzeitung
rechnete er schonungslos mit der grand old dame der deutschen Demoskopie Elisabeth
Noelle-Neumann ab, die sich als demoskopische Kosmetikerin einen Namen
gemacht hat. Mit geschwollenem Kamm - und aus der Tiefe seiner Brust - pries
er sich als geläuterter demoskopischer Musterknabe, der das Schminken
von Umfrageergebnissen in Bausch und Bogen verdammte. Der Titel seines ganzseitigen
Bekenerschreibens in DIE WOCHE war allerdings nicht Bekenntnisse eines
Hochstaplers, sondern Der geschönte
Wähler.
Doch wie es so ist beim Aufbruch nach neuen Ufern: Der Ort ist gut,
die Luft ist neu, der alte Lump ist auch dabei. Die Rekonvaleszenz
nach seinem Anfall von Ehrlichkeit war von kurzer Dauer. Er fand bald zu den
Praktiken seiner Zunftbrüder zurück und erfreut sich seither bester
Gesundheit.